Posted: 2024-01-12 16:30:00

Yvonne Taube ist eine der LVB-Fahrerinnen, die dafür sorgen, dass in Leipzig Tag und Nacht Busse und Bahnen fahren. Sie liebt ihren Beruf – trotz schlechter Arbeitsbedingungen. Nicht nur die, sondern auch Mangel beim Ausbau und der Instandhaltung des Streckennetzes sorgen für Bahnausfälle, Verspätungen und vor allem auch dafür, dass eine Verlagerung der städtischen Mobilität hin zu den „Öffis“ nicht so einfach ist.

In den kommenden Monaten stehen jedoch die Verhandlungen und Streiks im Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N). Die Leipziger Partei Die Linke nahm das zum Anlass, gemeinsam mit Politiker*innen, Gewerkschafter*innen und Beschäftigten das Thema am vergangenen Montag, dem 8. Januar, zu diskutieren. 

„Ich habe meine Berufung gefunden“, erzählt Yvonne Taube bei der Diskussion. „Mir macht mein Job Spaß. Obwohl … naja, mittlerweile wird er ja besser bezahlt. Dafür haben wir uns auch den Popo aufgerissen, wenn ich das so sagen darf. Und jetzt versuchen wir an die Arbeitsbedingungen ranzugehen und sie zu verbessern. So wie es jetzt ist, kommen keine neuen Leute, weil sie hören: Wochenendarbeiten, Sonn- und Feiertagsarbeiten, Frühschicht, Spätschicht, Mittelschicht … nee.“

Auch Hans Kluge, ein ehemaliger Kollege, saß in der Diskussion. Nur ein Jahr arbeitete er in dem Beruf, dann musste er aufgrund vermehrter Krankschreibungen schließlich den Dienst quittieren – er entschied für sich selbst und für die Sicherheit der Fahrgäste, dass es so besser wäre.

„Was den Beruf unerträglich gemacht hat, waren die Arbeitsbedingungen, die durch diesen Sparzwang (…) entstanden sind“, so Hans. „Die Arbeit ist extrem verdichtet. Kollegen, die schon seit 30 Jahren fahren, berichten, dass früher noch der Vorderzug (vorhergehende Bahn am Wendeplatz, Anm. d. Red.) stand. Das heißt, dass ich Zeit hatte, den Zug zu kontrollieren, auf Toilette zu gehen, einen Schluck zu trinken und kurz runterzukommen.

Und „Es gibt eine inoffizielle Statistik, die sagt: Ein Straßenbahnfahrer rettet ein- bis zweimal pro Schicht einer Person das Leben, also durch beherztes Eingreifen und zackiges Bremsen. Das ist Stress und wenn man darauf nicht abgebrüht reagiert, dann steigt das persönliche Spannungslevel.“

Neben Yvonne Taube und Hans Kluge saßen auch Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Linken-Stadtratsfraktion und Mitglied des Aufsichtsrats der LVB, sowie Paul Schmidt, ver.di-Landesfachbereichsleiter u.a. für Mobilität, auf dem Podium.

Mobilitätswende bei der LVB in weiter Ferne

Der ÖPNV ist unterfinanziert – eine Mobilitätswende so nicht möglich. 45 Millionen Euro hatte der Stadtrat lange Jahre für die Unterstützung der LVB freigegeben, damit beispielsweise Ticketpreise nicht ins Unermessliche steigen. Damit habe man die Fahrer*innen und das Schienennetz kaputt gespart, so Franziska Riekewald.

Im vergangenen Dezember sprach sich ihre Partei deshalb besonders für die Erhöhung des Budgets aus: Unter dem Titel „Liniennetz der Zukunft“ wurden unter anderem insgesamt 71,7 Millionen Euro für den Leipziger ÖPNV festgelegt.

„Jetzt geht es endlich in Richtung Entwicklung der LVB, also nicht nur um das Aufholen dessen, was die letzten Jahre falsch gemacht wurde, sondern auch in die Richtung: Wie können wir das Netz der Zukunft gestalten“, so Riekewald am Montag.

Ob das nun ausreichen wird? Man müsse erstmal die Fehler der letzten Jahre aufholen, so Riekewald. Jetzt werde an allen Ecken und Enden gebaut. Auch die schlechte Bezahlung der Fahrer*innen habe daraus resultiert: Deshalb habe sich die Linke im Stadtrat erfolgreichsowohl für eine Einsetzung des TV-N anstatt des Haustarifvertrags als auch für einen Inflationsausgleich eingesetzt.

Von einem (wie in der Mobilitätsstrategie 2018 festgelegten) Anteil von 23 Prozent des ÖPNV am Gesamtverkehrsaufkommen sei man aber noch weit entfernt.

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