Posted: Tue, 26 Mar 2024 05:14:06 GMT
Zwei Männer stehen nebeneinander und halten gemeinsam eine Blatt Papier mit einer Karte in die Kamera.
Ministerpräsident Daniel Günther (r.) und Umweltminister Tobias Goldschmidt stellten auf einer Pressekonferenz die Pläne des Landes zum Ostseeschutz vor.

Mit ihren "nur" 12.000 Jahren ist die Ostsee das jüngste Meer Europas – und steckt dennoch voller Vielfalt: Von Seegraswiesen, über Sandbänke bis hin zu artenreichen Steinriffen bietet die Ostsee zahlreiche einzigartige Lebensräumen für Tiere und Pflanzen. Doch hinter der scheinbaren Idylle verbergen sich auch ökologische Herausforderungen.

"Ein echter Meilenstein"

Mit einem Aktionsplan will die Landesregierung nun den Schutz der Ostsee dauerhaft verbessern. Das Kabinett stimmte nun einem entsprechenden Vorschlag von Umweltminister Tobias Goldschmidt zu. Am Dienstag stellte Ministerpräsident Daniel Günther gemeinsam mit ihm die Pläne vor. "Als zwischen den Meeren gelegenes Land haben wir in Schleswig-Holstein eine besondere Verantwortung für unsere Nord- und Ostsee", sagte Ministerpräsident Daniel Günther in Kiel. "Als Landesregierung ist es unsere Aufgabe, einen deutlichen Beitrag zu einem besseren Schutz der Ostsee zu leisten. Der kommen wir jetzt nach. Der Aktionsplan Ostseeschutz 2030 ist ein echter Meilenstein. Damit werden wir den Zustand der Ostsee signifikant verbessern." Von den Plänen profitierten Mensch, Natur und Wirtschaft gleichermaßen, betonte er: "Eine gesunde Ostsee ist ein wichtiger Standortfaktor für den Tourismus in Schleswig-Holstein, aber auch für Fachkräfte, die im ersten klimaneutralen Industrieland gesunde Lebensbedingungen zwischen zwei intakten Meeren vorfinden können."

Schleswig-Holstein übernimmt Verantwortung

Umweltminister Tobias Goldschmidt unterstrich ebenfalls die Bedeutung des Aktionsplans. "Unser Aktionsplan Ostseeschutz 2030 ist ein wirklich großer Schritt für die Ostsee Schleswig-Holsteins. Wir schaffen erstmals echte Ruheoasen für eine europaweit einzigartige, marine Tier- und Pflanzenwelt", sagte er. Mit dem Aktionsplan stärke die Landesregierung nicht nur den Ostseeschutz in Schleswig-Holstein: "Wir übernehmen auch international Verantwortung für diesen einzigartigen Naturraum. Viele Maßnahmen haben das Potenzial, über die schleswig-holsteinischen Meeresgrenzen hinweg zu wirken. Schleswig-Holstein schreitet voran, davon wird der gesamte Ostseeraum profitieren. Der Aktionsplan Ostseeschutz ist ein Programm für eine lebendige Meeresnatur. Davon werden wir alle profitieren", erklärte Goldschmidt. In einer von Krisen geprägten Zeit sei dies ein "Schritt der Hoffnung".

Plan sieht Schutzgebiete vor

Der Aktionsplan Ostseeschutz 2030 umfasst verschiedene Vorhaben zum Schutz des Meeres, die das Land umsetzen oder aber initiieren wird. So sollen 12,5 Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee unter strengen Schutz gestellt werden. Dafür will die Landesregierung auf knapp acht Prozent der Ostseefläche drei Naturschutzgebiete neu ausweisen. Sie befinden sich im Gebiet Schlei bis Gelting, südliche Hohwachter Bucht und westlich von Fehmarn. Darüber hinaus erhalten drei bereits ausgewiesene Natura2000-Gebiete, die zusammen etwa 4,5 Prozent der Ostseefläche ausmachen, einen strengeren Schutzstatus. Die Gebiete liegen bei der Sagasbank, beim Stoller Grund und in der Geltinger Bucht.

Eine Karte der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. An mehreren Stellen sind die neuen Schutzgebiete farblich hervorgehoben.
Rund 12,5 Prozent der schleswig-holsteinischen Ostseefläche sollen künftig besonders geschützt werden.

Keine Einschränkungen für Schwimmer

Auf den so geschaffenen Flächen sollen insbesondere Rückzugs- und Ruheräume für Tiere und Pflanzen entstehen. Die genauen Schutzbemühungen werden speziell auf die Schutzbedürfnisse der einzelnen Gebiete abgestimmt, eines ist jedoch schon jetzt klar: Baden, Schwimmen, Tauchen und Strandnutzungen wie Strandangeln bleiben erlaubt. Verboten ist hier jedoch künftig die Fischerei und die Industriefischerei. Darüber hinaus wird das Land in den neuen Naturschutzgebieten bestimmte Arten von Wassersport in den Monaten November bis März einschränken. An diesen sogenannten "Rastvogelschwerpunkten" ist dann Segeln, Kiten und Surfen außerhalb bestimmter freigegebener Zonen untersagt.

Küstenschutz bleibt bestehen

Bei der Ausweisung der Flächen berücksichtigt das Land die wichtigen Belange der Landesverteidigung und des Küstenschutzes. So sollen notwendige Küstensicherungs- und Schutzarbeiten auch in den geplanten Schutzgebieten weiter möglich sein. Landwirtschaftliche und fortwirtschaftliche Flächen, (Sportboot-)Häfen, touristisch genutzte Strände oder touristische Infrastruktur sollen von den Schutzgebieten nicht berührt werden.

Darüber hinaus soll eine sogenannte "Integrierte Station Ostsee" entstehen, die sich um Naturschutzaufgaben in den Ostsee-Küstengewässern kümmert, diese in den Meeresschutzgebieten koordiniert und Tourismus, Umweltbildung sowie Umweltschutz verknüpft und erlebbar macht. Außerdem sollen in den Gebieten neue Riffstrukturen, Seegraswiesen und Muschelbänke geschaffen und Küstenlagunen wieder hergestellt werden.

Karte der Schutzgebiete mit einer Erläuterung der jeweiligen Schutzgüter.
In den ausgewiesenen Gebieten existieren verschiedene Schutzgüter.

Gift- und Nährstoffeintrag in die Ostsee reduzieren

Ein weiteres wichtiges Thema des Aktionsplan ist die sogenannte Eutrophierung der Ostsee sowie alte Weltkriegsmunition am Meeresgrund. Noch in diesem Jahr will die Landesregierung Zielvereinbarungen mit den Bäuerinnen und Bauern schließen, um auch über die bereits bestehenden Minderungsziele der Düngeverordnung die Nährstoffeinträge der Landwirtschaft zu reduzieren. Bis 2030 sollen die Höfe in Schleswig-Holstein bis 2030 zehn und bis 2035 zwanzig Prozent der in Aussicht genommenen Minderungsrate von insgesamt 2.000 Tonnen Stickstoff und 65 Tonnen Phosphat erreichen. Außerdem werden die Einleitwerte von kommunalen Kläranlagen an den aktuellen Stand der Technik angepasst.

Munitionsaltlasten schleunigst bergen

Schleswig-Holstein werde außerdem seinen fairen Anteil mittragen, um das Programm des Bundes zur Bergung der Munitionsaltlasten voran zu bringen, heißt es in dem Aktionsplan. Aktuell würden insbesondere industrielle Plattformen benötigt, um von dort aus Munitionsreste aufzuspüren, zu bergen und zu entsorgen. Ergänzend soll eine Spendenmöglichkeit eingerichtet werden, um verstärkt auch privates Engagement in diesem Bereich zu ermöglichen. "Wir alle wissen, dass der Zustand der Ostsee aktuell nicht gut ist und wir handeln müssen", sagte der Ministerpräsident. Das marine Ökosystem sei fragil, das Biotop bereits geschädigt und nicht unendlich belastbar. "Die Tier- und Pflanzenwelt ist erheblich beeinträchtigt. Sämtliche gesammelte Daten verdeutlichen, wie dringend wir Schutzmaßnahmen ergreifen müssen". So führe der Klimawandel zu einem Temperatur- und Meeresspiegelanstieg und veränderten Salzgehalten, die Lebensräume von Tieren und Pflanzen seien durch die ausgeprägte Nutzung der Ostsee belastet, Nährstoffeinträge und Schadstoffe aus der Landwirtschaft, aus Kläranlagen und der Industrie reicherten sich im Meerwasser, in Sedimenten und Tieren an und stellten damit ein ökologisches Problem dar. Darüber hinaus seien die Munitionsaltlasten ein potenzielle Gefahr: Nach jetzigem Kenntnisstand befinden sich circa 300.000 Tonnen konventionelle und circa 5.000 Tonnen chemische Munition in der Ostsee.

Viele verschiedene Interessen

Derzeit wird die Ostsee innerhalb der Landesgrenzen beinahe flächendeckend stark genutzt. "An Nord- und Ostsee gibt es vielfältige, existenzsichernde Nutzungsinteressen", betonte Günther. "Dazu gehören die Fischerei, Schifffahrt, der Küstenschutz, Tourismus, Sport und die Erholung. Einerseits wirken sie sich erheblich auf das Ökosystem Meer aus, andererseits sind sie zumindest teilweise von einem intakten Ökosystem abhängig. Das gilt es in Einklang zu bringen, und ich bin sicher, dass uns das mit dem Aktionsplan Ostseeschutz 2030 gelingen wird." Die Landesregierung werde nun ein Konzept entwickeln, um die Wirksamkeit der Vorhaben regelmäßig zu überprüfen.

"Der Aktionsplan ist ein Paket, welches den Meeresschutz als Gemeinschaftsaufgabe mit den Menschen vor Ort versteht", ergänzte Umweltminister Goldschmidt. Im Konsultationsprozess hätten viele Bürgerinnen und Bürger den Wunsch geäußert, einen eigenen, persönlichen Beitrag zum Ostseeschutz zu leisten. "Der Aktionsplan öffnet Türen für alle diejenigen, die sich aktiv einbringen wollen." Als Beispiel nannte der Minister ein Partnerprogramm, in dem Kommunen, Tourismus, Wassersport und Unternehmen ihre Expertise einbringen können und zu Verbündeten für den Ostseeschutz würden. Darüber hinaus würden die bereits beschlossenen Vorhaben durch freiwillige Vereinbarungen ergänzt. "Teil des Aktionsplans ist auch die Einrichtung einer Spendenplattform, über die Privatpersonen, Sponsoren und oder die Tourismuswirtschaft einen finanziellen Beitrag zur Bergung der Munitionsaltlasten leisten können", sagte Goldschmidt. Eine entscheidende Rolle werde dabei der Integrierten Station Ostsee zukommen, betonte er. "Als ‚Servicecenter‘ für den Ostseeschutz wird sie Anlaufstelle und Ansprechpartner für die vielen Ostseeschützerinnen und Ostseeschützer sein."

Weitere Informationen

Themenseite zum Aktionsplan Ostseeschutz 2030

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