Posted: 2024-05-24 16:47:00

War das nun Beschlusslage oder war es das nicht? CDU-Stadträtin Sabine Heymann war sich jedenfalls am 22. Mai in der Ratsversammlung sicher, dass der Stadtrat dazu schon im Dezember 2023 entschieden hat, den gerade aus Radfahrersicht unübersichtlichen Knoten Martin-Luther-Ring/Rudolphstraße/Lotterstraße zu entschärfen. Doch der Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat Mitte aus dem September 2022 – also weit vor dem CDU-Antrag – ging viel weiter.

Am 22. Mai kam dieser nach anderthalb Jahren erst in der Ratsversammlung an, vorgestellt von Stadtbezirksbeirat Thomas Nörlich, der auch das Thema Flächengerechtigkeit ansprach. Denn so, wie die Aufteilung der Fahrbahnen derzeit am Martin-Luther-Ring ist, sieht Flächengerechtigkeit nun einmal nicht aus.

Ein Stichwort, auf das dann sofort Sabine Heymann und FDP-Stadtrat Sven Morlok ansprangen, die daran erinnerten, dass über die Riesenkreuzung am Martin-Luther-Ring eben auch überörtliche Verkehr fließt, der sich – sollte die Stadt hier Fahrbahnen für den Radverkehr umwidmen, aufstauen würde.

Dass gerade dre Kreuzungsbereich an der Rudolphstraße dringend entschärft werden muss, das bestritten sie gar nicht. Aber was tun? Die anderthalb Jahre hat das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) dazu genutzt, tatsächlich über Lösungsmöglichkeiten für diesen problematischen Knoten nachzudenken.

Große grüne Signets im Martin-Luther-Ring in Leipzig deuten die Fortsetzung des Radweges Richtung Harkortstraße an. Foto: Ralf Julke
Große grüne Signets im Martin-Luther-Ring deuten die Fortsetzung des Radweges Richtung Harkortstraße an. Foto: Ralf Julke

Probleme für alle Verkehrsarten

Gerade hier wird es kompliziert, stellt das VTA in seiner Stellungnahme fest: „Die derzeitige Situation an der Kreuzung Martin-Luther-Ring/Rudolphstraße wird von der Verwaltung als unbefriedigender Zwischenzustand bewertet, wie bereits in Ratsanfragen dokumentiert (VII-EF-08712, VII-F-06956). Wie dargestellt, sind die Probleme an diesem Knotenpunkt bekannt, komplex und tangieren alle Verkehrsarten.

Bereits vor der Einordnung des Radfahrstreifens im Zuge des Dittrichrings genügte die Radverkehrsführung in dieser Relation aufgrund des hohen Radverkehrs- und Fußgängeraufkommens den erforderlichen Ansprüchen und Zielsetzungen nicht mehr. Eine eigene, separate Radverkehrsführung von der Lotterstraße in die Rudolphstraße ist im jetzigen Zustand nicht vorhanden (Führung im Mischverkehr) und wird durch Kfz-Rückstau auf den Martin-Luther-Ring behindert.

Der Radverkehr ist seit der Markierung der Radverkehrsanlagen auf dem Dittrichring sowie Martin-Luther-Ring erst möglich und dadurch deutlich sicherer geworden, jedoch ist die Führung vom Dittrichring über den Martin-Luther-Ring an den Knotenpunkt Karl-Tauchnitz-Straße/Martin-Luther-Ring unterbrochen und wird im Mischverkehr (Kfz-Rad) bis zum Knotenpunkt geführt. Aufgrund des von Richtung Dittrichring kommenden Kfz-Verkehrs kommt es am Knotenpunkt in Spitzenstunden zu einem Rückstau, der die Nichtfreihaltung der Fußgänger- und Radfurten verstärkt.

Diese Konfliktlagen können daher nicht mit einer einzelnen verkehrsregelnden Maßnahme gelöst werden. Der Knotenpunkt Lotterstraße/Rudolphstraße/Martin-Luther-Ring ist so umzuplanen, dass der Radfahrstreifen über diesen und bis an den Knoten Karl-Tauchnitz-Straße/Martin-Luther-Ring geführt werden kann und dass der Radverkehr aus der Lotterstraße direkt und sicher in die Rudolphstraße geführt wird. Zielstellung ist, dass der Knoten Lotterstraße/Rudolphstraße/Martin-Luther-Ring für alle Mobilitätsarten deutlich konfliktärmer funktioniert.“

Mehrere Radfahrer überqueren den Martin-Luther-Ring. Foto: Ralf Julke
Radfahrer überqueren den Martin-Luther-Ring. Foto: Ralf Julke

Der Radverkehr gehört auf den Ring

Und als hätte man die immer gleichen Argumente der Automobilisten wieder vorausgeahnt, betonte das VTA einmal mehr: „Am Rande sei noch einmal betont, dass 2018 das Oberverwaltungsgericht entschieden hat, dass u.a. auf dem Dittrichring/Martin-Luther-Ring zwischen Käthe-Kollwitz-Straße und Karl-Tauchnitz-Straße die Radwegbenutzungspflicht aufzuheben ist. Daher wurden 2021 zwischen Käthe-Kollwitz-Straße und Lotterstraße bzw. Rudolphstraße im ersten Schritt sowohl auf dem Innen- als auch auf dem Außenring Radfahrstreifen eingeordnet.

Da der Promenadenring im HauptnetzRad als Radhauptverbindung klassifiziert ist und hohe Bedeutung auch für den Radverkehr hat, ist es unabhängig des Urteils die Zielstellung, auf und am Promenadenring eine gute Führung des Radverkehrs anzubieten. In der weiteren Planung wird darüber hinaus auch die Verbesserung des PKW-Verkehrs in den Blick genommen, um Rückstau und die Freihaltung der Kreuzungsbereiche erheblich zu reduzieren und Konflikte zu entschärfen.“

Die beiden Kreuzungen müssen also nicht nur umgestaltet werden, auch die Ampelanlagen müssen anders programmiert werden, damit auch der Kfz-Verkehr (wieder) fließt.

Neue Route über die Rudolphstraße

Für den Radverkehr muss parallel der Übergang von Johannapark über die Friedrich-Ebert-Straße umgeplant werden, damit er künftig (wie es die CDU beantragt hatte) durch die Manetstraße/Rudolphstaße geführt werden kann und der Radweg durch den Plastikgarten entlastet wird.

Aus den vom Stadtbezirksbeirat Mitte 2022 formulierten Prüfaufträgen sind also mittlerweile Arbeitspakete geworden, die das VTA auch umsetzen will.

Nur: Es wird dauern, eben weil das Problem so komplex ist. „Auf Grundlage der Voruntersuchungen und benannten Arbeitspakete wird 2025 mit der konkreten Planung begonnen. Das Vorhaben ist im Rahmenplan Mobilität unter dem Projektnahmen Radverkehrsführung von Lotterstraße nach Westen/Plastikgarten (Mobi2030_II-10_R_39) verankert. Im Laufe des Jahres 2026 müssten nach aktueller Planung Leistungsphase 1-4 vorliegen. Die bauliche Umsetzung der Knotenpunkte ist für das Jahr 2027 vorgesehen“, schreibt das VTA.

Und weil mit ziemlicher Sicherheit auch die Kreuzung Martin-Luther-Ring/Tauchnitzstraße mit umgebaut werden muss, beziffert sich die Summe, die hier eingesetzt werden muss, nach Schätzungen des VTA auf 3,7 bis 5 Millionen Euro.

Auch im Norden soll es weiter gehen

Was so klein und überschaubar wirkte, entpuppt sich verkehrstechnisch als ein richtiges Großprojekt. Dafür hat es jetzt einen Zielhorizont und Thomas Nörlich stellte gar nicht erst den Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat zur Abstimmung, sondern die Vorlage der Stadt, die – auf Wunsch eines einzelnen AfD-Stadtrats – punktweise abgestimmt wurde. Denn der fand eine Erweiterung des Radstreifenprojekts bis zum Tröndlinring für nicht akzeptabel. Die steckte in Antragspunkt 1: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, den Radfahrstreifen auf dem Dittrichring und Goerdelerring in Richtung Tröndlinring (nördl. Richtung) fortzuführen. Hierbei sind die Auswirkungen auf den angrenzenden Knotenpunkt zu untersuchen.“

Tatsächlich aber sind die Radwegebeziehungen über die Riesenkreuzung Tröndlinring auch in großen Teilen noch ungeklärt. Das sah auch die Stadtratsmehrheit so, die diesem Punkt aus der Vorlage mit 34:24 Stimmen zustimmte.

Die Pläne am Knotenpunkt Martin-Luther-Ring/Lotterstraße/Rudolphstraße bekamen hingegen eine noch größere Zustimmung mit 46:15 Stimmen.

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