Posted: Fri, 17 May 2024 04:14:05 GMT

Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) hat den Kanaltunnel Rendsburg vom Bund vor einem Jahr zur Bewirtschaftung erhalten. Seitdem ist der LBV.SH mit Hochdruck dabei, nötige Instandsetzungen durchzuführen sowie verkehrliche Entlastungen vor Ort zu schaffen. Durch einen Anstieg der LKW-Fahrenden, die sich nicht an die gesetzlich vorgegebene Maximalhöhe für LKW im Straßenverkehr halten und dadurch die Höhenkontrolle auslösen, staut es sich vermehrt am Tunnel.

Ein Mann steht an einem Geländer oberhalb einer Tunnelzufahrt.
LBV.SH-Direktor Frank Quirmbach begrüßte in Rendsburg Vertreterinnen und Vertreter von Medien und Institutionen aus dem Rendsburg Raum.

Beruhigung Verkehrsraum Rendsburg – Reduzierung Staubildung NOK

Der LBV.SH sucht unter enger Beteiligung des Kreises Rendsburg-Eckernförde seit Monaten nach Auswegen. Alle Möglichkeiten wurden dabei untersucht, teilweise mit gutachterlicher Hilfe. LBV.SH-Direktor Quirmbach betonte: „Ganz wichtig: Bei allem Verständnis für den Unmut aller Betroffenen im Stau, wir dürfen Ursache und Wirkung nicht verwechseln! Die Höhenkontrolle wird von LKW ausgelöst, die den Tunnel mit ihrer Höhe nicht befahren dürfen. Egal, was dies im Einzelnen am LKW verursacht. Wir haben diverse bereits angefahrene Geräte im Tunnel entdeckt. Und niemand im Kfz dahinter möchte zu Schaden kommen, weil das Fahrzeug vor einem Teile der Betriebstechnik von der Decke holt.“

Die Hintergründe für die Auslösungen der Höhenkontrolle sind vielfältig. Diskutiert wird ein gestiegener LKW-Verkehr etwa durch die verstärkten Bau- und Ausweichverkehre für die Großbaustelle Rader Hochbrücke. Allerdings: Die Höhenkontrolle im Norden war falsch eingestellt, mit der Folge diverser Schäden an Beleuchtung und Lautsprecheranlagen in der Weströhre. Seit Herbst sind die Tunnel- und Straßenbaufachleute des LBV.SH auch mit Hochdruck dabei, auf allen Ebenen zahlreiche Ansätze zu prüfen, damit sich die Verkehrssituation am Kanaltunnel wieder entspannt.

Zahl der Betroffenen reduzieren

Als Hauptentlastung wird nun eine zweistufige, telematische Lösung konzeptioniert, sobald ein zu hoher LKW die Höhenkontrolle ausgelöst hat. Das Gute an dem neuen Verfahren: Es wird nur eine der beiden jeweiligen Fahrstreifen gesperrt werden – die mit dem verursachenden LKW – so dass immerhin der reguläre Verkehr weiter einstreifig vorankommt.

Telematische Lösung

Präsentation der Lösungsansätze vom 29. April 2024

Als Erstes wird die Verkehrstechnik-Software so optimiert, dass die nach Auslösung der Höhenkontrolle erfolgte Sperrung einer Tunnelröhre so schnell wie möglich aufgehoben wird und nur die betroffene Fahrbahn gesperrt bleibt. Das heißt: Es soll frühzeitig die Tunnelzufahrt wieder freigegeben werden, die nicht von dem auslösenden Fahrzeug betroffen ist (Stufe 1). Für die zweite Stufe der Optimierung wird die Verkehrstechnik-Soft- und Hardware weiter optimiert. Ziel ist es nicht die ganze Tunnelröhre zu sperren, sondern viel mehr nur die betroffene Fahrbahn. Ergo: Beide Ansätze zielen auf eine gut abgestimmte Sperrung und Freigabe einzelner Tunnelzufahrten ab und erzielen damit stauvermeidende Wirkung. Außerdem: Der LBV.SH möchte nicht nur, die negativen Folgen der vielen Auslösungen der Höhenkontrollen minimieren (Optimierung Stufe 1 und 2), sondern auch mit verschiedenen Maßnahmen die Anzahl der Auslösungen reduzieren.

Verkehrsinformationssystem

Im Weiteren ist das Aufstellen eines Verkehrsinformationssystems bereits ausgeschrieben. Dieses soll eine direkte und nutzerorientierte Information über den Sperrstatus des NOK-Tunnel sowie ergänzende Informationen über aktuelle Wartezeiten und das Verbot für Fahrzeuge über vier Meter Höhe anzeigen.

Verkehrsversuch/Geschwindigkeitsüberwachung

Der LBV.SH geht heute davon aus, dass vermutlich ein Anteil der Auslösungen der Höhenkontrolle auf eine zu hohe Geschwindigkeit der Fahrzeuge zurückzuführen ist. Die Vermutung ist, dass Planen aufwehen, da LKW bei höherer Geschwindigkeit zum Schwingen neigen. Beide Phänomene führen zu unnötigen Auslösungen. In Kooperation mit der Verkehrsbehörde soll daher ab Mitte Mai mit mobilen „Blitzern“ in Höhe der Höhenkontrolle im Norden und Süden des Tunnels, die geltende Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometer für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen kontrolliert werden. Abhängig von den Ergebnissen, soll dann gegebenenfalls in einem zweiten Schritt die Geschwindigkeit für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen auf 50 Stundenkilometer reduziert werden. Hintergrund: Für LKW ab 3,5 Tonnen gilt auf Autobahnen eine Höchstgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometer, auf Überlandstraßen gelten für LKW von 3,5 bis 7,5 Tonnen ebenfalls 80 Stundenkilometer, für LKW über 7,5 Tonnen 60 Stundenkilometer.

Gutachten Optimierung Verkehrsraum

Vier Männer stehen an einem Geländer oberhalb der Tunnelzufahrt.
Die Strategie zur Reduzierung der Staus am Kanaltunnel stellten (v.l.n.r.) Roland von Unruh (SSP-Consult), Frank Quirmbach (LBV.SH-Direktor), Guntram Kunft (LBV.SH) und Simon Kempf (LBV.SH) vor.

In der Frage, ob der Verkehrsraum zusätzlich zu den bereits vom WSV ergriffenen Maßnahmen weiter optimiert werden kann, soll ein Gutachten Sicherheit bringen. Fragestellungen sind, ob die verbauten Komponenten besser platziert werden können, beziehungsweise flacher zu verbauende Komponenten eingesetzt werden können. Sollten Maßnahmen sich als lohnend erweisen – also das Einstellen der Höhenkontrolle auf eine Höhe größer 4,20 Meter erlauben – ist davon auszugehen, dass die häufigen Auslösungen weiter reduziert werden könnten. Gleichzeit bedeutet das aber auch, dass die Tunnelröhren nacheinander für die auszuführenden Arbeiten für längere Zeit wieder gesperrt werden müssten. 

Mittelfristige Möglichkeiten

Mittelfristig wird der LBV.SH an weiteren Möglichkeiten zur Reduzierung der Auslösezahlen arbeiten. Durch eine mobile und intelligente Vorhöhenkontrolle in Form eines Verkehrsversuchs, soll der Nachweis erbracht werden, ob solche Anlagen tatsächlich die Verkehrssituation im Sinne einer weiteren Reduzierung der Auslösezahlen entschärfen könnten. Ist dieser Nachweis erbracht, kann ein ganzheitliches Konzept einer baulichen und telematischen Lösung erarbeitet werden. Vorstellbar wäre dann mit aktuellem Wissensstand eine Vorhöhenkontrolle einschließlich Flächen, die zum Vermessen beziehungsweise zum Klarieren der Fahrzeuge angeboten werden könnten.   

Flächen sind nicht stauvermeidend

Die sogenannten Exitflächen, die zunächst als simple Idee erschienen, zeigen sich nach allen detaillierteren Berechnungen (etwa von Schleppkurven der LKW) als nicht förderlich, um Staus nach Auslösen der Höhenkontrolle zu vermeiden und Zeitersparnisse zu erzielen. Das technische Ergebnis: Die Ausfahrtflächen verbessern vor Ort nichts, da die stauauslösenden LKW rückwärts durch die Polizei auf die andere Fahrtrichtung zeitaufwendig abgeleitet werden müssten. Die derzeit bestehenden Wartezeiten bis zum Eintreffen der Polizei und Freigabe des Tunnels würden daher nicht verkürzt werden. Weitere Möglichkeiten bestehen hier aufgrund der zu geringen Platzverhältnisse bedauerlicherweise nicht, ohne Eigenheime umzusiedeln – was der LBV.SH unter keinen Umständen verfolgt.

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