Ob für Brücken, Häuser oder als Fundament für Windkraftanlagen – Zement ist einer der am häufigsten genutzten Werkstoffe der Welt. Der Grund dafür: Die benötigten Rohstoffe, Kalkstein und Ton, kommen fast überall vor, gleichzeitig ist der aus Zement hergestellte Beton stabil und langlebig. Doch die Herstellung ist aufwändig: Zuerst werden die Rohstoffe zermahlen, dann auf über 1.400 Grad Celsius erhitzt, abgekühlt und erneut gemahlen. Ein energieintensiver Vorgang, der außerdem enorme Mengen an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid (CO2) freisetzt. Weltweit ist die Zementindustrie für mehr als acht Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich – das ist mehr, als alle Flugzeuge der Welt pro Jahr zusammen verursachen.

Klimaneutraler Zement aus Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein soll nun ein Pilotprojekt eine Antwort auf diese Herausforderung geben. In Lägerdorf im Kreis Steinburg entsteht bis 2028 eines der ersten klimaneutralen Zementwerke der Welt. In einer neuen Ofenlinie will das Unternehmen Holcim hier künftig mit reinem Sauerstoff Zementklinker brennen und den das abfallende Kohlendioxid mithilfe modernster Technologie aus der Abluft entfernen. Das so gesammelte CO2 wird anschließend für die Nutzung als Rohstoff aufbereitet, etwa für die Herstellung von Kunststoffen oder Medikamenten in der Chemie-Industrie. Insgesamt investiert der Betreiber einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in das klimaneutrale Zementwerk. Die EU fördert das Projekt mit rund 110 Millionen Euro.

Baustart im Kreis Steinburg

In Lägerdorf gab Ministerpräsident Daniel Günther nun den Startschuss für den Bau. Gemeinsam mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie dem Deutschlandchef von Holcim, Thorsten Hahn, setzte Günther den Spatenstich für das Industrieprojekt. "In Lägerdorf wird im industriellen Maßstab der Prototyp für die Dekarbonisierung der Zementindustrie gebaut", sagte er. "Das zeigt einmal mehr: Die Zukunft ist klimaneutral. Und diese Zukunft beginnt bei uns in Schleswig-Holstein, dem Energiewende-Land Nummer eins."

Auch Bundesminister Habeck lobte das Projekt. "Die Zementindustrie steht vor einer besonders großen Herausforderung bei der Dekarbonisierung. Hier in Lägerdorf wird jetzt gezeigt, wie es gehen kann: die Produktion zu dekarbonisieren und eine klimaneutrale Herstellung von Zement und Beton mutig umzusetzen. Dass das Kohlendioxid nicht nur abgeschieden, sondern auch als Rohstoff weiter genutzt werden kann, ist ein Musterbeispiel für die grüne Transformation."